Wer mit Software-Teams arbeitet, Features umsetzen und Software abliefern muss, weiss, wie wichtig Effizienz ist. Muss sich ein Produkt-Team mit bürokratischer Administration rumschlagen, gehen wichtige Arbeitsstunden, oder Tage, verloren und kostbare Ressourcen werden vergeudet. Ein guter Ansatz, um kognitiven Ballast zu reduzieren, bietet das Konzept von Team Topologies. Der Begriff kam mir zum ersten Mal etwa vor einem Jahr zu Ohren. In der Zwischenzeit reden in der Branche viele darüber.
Was ist Team Topologies?
Das Konzept von Matthew Skelton und Manuel Pais adressiert besonders die Herausforderung, mit welcher viele Organisationen hadern: Software nicht schnell und gut genug an den Kunden zu bringen. Software-Teams stehen oft unter immensem Druck, Wert zu erzeugen. Das Team ist aber nebst dem Wesentlichen noch mit dutzend anderen Aufgaben beschäftigt und ist deswegen vielfach langsam beim Umsetzen von Features - respektive ihr Output ist niedriger als gewünscht.
Hier setzt Team Topologies an: Es ist ein einfaches Schritt-für-Schritt-Modell, welches vier Teamtopologien und drei Interaktionsmodi kombiniert. Damit können Software-Teams so strukturiert werden, dass deren kognitiver Load so weit reduziert werden kann, dass diese sich auf das wirklich Wesentliche konzentrieren können: Nämlich Features und Wert für ihre Endkunden zu erzeugen.
Sehen Sie sich das Video an um mehr darüber herauszufinden.
Wie startet man Team Topologies?
Team Topologies schlägt den folgenden Ansatz zur Anwendung seines Konzeptes vor. (Das Original hierzu finden Sie hier.)
Ermitteln Sie, welche Art von Teams Sie derzeit haben
Passen Sie die Technologie-Teams an die grundlegenden Team-Typen an:
Stream-aligned: Das Team konzentriert sich auf einen einzigen, wirkungsvollen Arbeitsprozess, etwa ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine einzelne User Journey.
Complicated subsystem: Zuständig für einen Teil des Systems, der von spezifischen Kenntnissen abhängt. Die meisten Teammitglieder sind deswegen Spezialisten auf diesem Wissensgebiet.
Platform: Plattform-Team entwickeln System und Programme, die intern im Unternehmen verwendet werden und funktionsübergreifende Teams unterstützen.
Enabling: Hilft dem stream-aligned Team bei der Überwindung von Hindernissen und spürt fehlende Fähigkeiten auf.
Begrenzen Sie die kognitive Belastung für jedes Team:
Schaffen Sie eine Kultur des Vertrauens
Richten Sie das Team kontinuierlich auf einen oder mehrere Bereiche aus
Begrenzen Sie die Grösse des Subsystems an dem das Team arbeitet
Bieten Sie dem Team eine grundlegende Plattform, auf der es aufbauen kann
Brechen Sie mithilfe von natürlichen Bruchstellen Monolithen auf
Verwenden Sie den “Reverse Conway"-Ansatz, um zu helfen:
Entwickeln Sie Softwaresysteme, die sich an den Veränderungsdruck des Unternehmens anpassen
Schaffen Sie Softwaresystemarchitekturen, die für die Organisation nachhaltig sind
Grenzen Sie den Suchraum für technische Lösungen ein
Identifizieren Sie Interaktionsmodi von Ist- und Soll-Teams
Explizite Anleitung (und Begrenzung) der teamübergreifenden Zusammenarbeit, um
die schnelle Entdeckung und das Lernen an technologischen, organisatorischen oder situativen Kernpunkten zu fördern
die Entwicklung interner Plattformen und komplizierter Teilsystemkomponenten zu informieren und zu leiten
Entwickeln Sie Teamstrukturen im Laufe der Zeit explizit weiter
Nutzen Sie Interaktionen der Teams, um herauszufinden, ob die Organisation stimmig ist
Ein Praxisbeispiel
Ich erörtere dies am besten an einem konkreten Use Case eines unserer Kunden bei Mimacom. Für einen Automobil-Hersteller kümmern wir uns um dessen digitales Portfolio. Wir bauen seine Online-Shops, betreuen weitere Themen um dessen Website – kurz gesagt, wir kümmern uns um alles, was seine digitalen Touchpoints anbelangt.
Es gibt dort nun ein Software-Team, welches die wichtige Aufgabe hat, eine recht versierte technische Plattform aufzubauen, um die Arbeitslast für die anderen Teams gering zu halten. In diesem Plattform-Team, werden viele übergreifende Themen angegangen: Etwa die Compliance-Anforderungen einzuhalten und alles rund um die technische Sicherheit. Aber auch sehr technische Themen wie das Zertifikats-Management (=Handling aller digitalen Zertifikate, die zur Identifikation von Systemen verwendet werden.)
Die Lösung, die dort im Plattform-Team gebaut wird, kann jetzt von allen anderen Teams im Unternehmen genutzt werden.
Das heisst, die einzelnen stream-aligned Teams müssen sich nicht mehr darum kümmern, wie man Zertifikate erstellt, um die eigene Anwendung abzusichern. Durch die erstellte Plattform wird den anderen das Leben sehr erleichtert: Sie bestellen sich das benötigte Zertifikat darüber.
Wir haben hier also das Plattform-Team, welches sich konkret überlegt hat, was gebraucht und wie es genutzt wird und hat dies konkret umgesetzt – wovon inzwischen 50 bis 60 (!) andere Teams profitieren können.
Was sind die Vorteile von Team Topologies?
Dieser Ansatz, wie Team Topologies ihn beschreibt, wurde bei diesem (und auch bei keinem anderen) Kunden nicht konkret als solches eingeführt oder ging mit einer komplizierten Reorganisation einher. Mimacom hat lediglich den Kunden dabei unterstützt, eine bereits bestehende Organisation zu straffen, einfach Dinge zu verbessern oder dienlichere Entscheidung zu treffen.
Team Topologies hat noch mehr Vorteile:
Viel Freiheit: Das Konzept lässt ganz viel Freiheit für Gestaltung. Sie teilen Ihr Team nach TT auf, aber welchen Ansatz Sie danach verfolgen oder ob Sie lieber mit Kanban, Scrum oder SAFe® arbeiten möchten, ist Ihnen komplett selbst überlassen.
Mehr Wert: Effektive Software ist unerlässlich, um einen kontinuierlichen Wert zu schaffen. TT ermöglicht eine moderne Softwarebereitstellung dank optimierter Teaminteraktionen und besserer Organisationsgestaltung.
Hoher Wettbewerbs-Vorteil: “Schnell und gut” schliessen sich mit TT nicht aus und macht Sie enorm wettbewerbsfähig auf dem Markt.
Guter Erfolgsfaktor: Teams, die in einem Unternehmen viel Wertschöpfung erzeugen, guten Output liefern und eine positive Arbeitsstimmung ausstrahlen, sprechen sich schnell herum und breiten sich auf anderen Teams mit aus.
Besonders hervorheben möchte ich den letzten Punkt rund um das Thema “Team”. Plattform- respektive Produkt-Teams sind glücklich, wenn sie liefern können. Hat ein Team weniger Druck und kann sich auf seine wesentliche Arbeit konzentrieren, hat es mehr Spass, ist effizienter und verbessert somit automatisch auch sein Umfeld und die Kommunikation mit den anderen.
Für wen ist Team Topologies geeignet?
Es gibt keinen Branchenfokus Theoretisch passt Team Topologies in jede Branche, in der wir aktuell tätig sind. Kurz gesagt: Wo es digitale Innovationen gibt, an denen der Endkunde involviert ist, kann TT eingesetzt werden.
Für Mittelständische und grosse Unternehmen geeignet Eine technische Plattform kann für ein Start-up zu viel Aufwand bedeuten. Bei einer Unternehmensgrösse von fünf bis sechs Teams, lohnt es sich hingegen bereits, darüber nachzudenken eine technische Plattform aufzubauen. Ab zehn Teams lohnt sich dann eine Plattform.
Es geht auch ohne Plattform Aber, um Team Topologies zu nutzen, muss nicht zwingend eine technische Lösung umgesetzt werden, bevor damit gearbeitet werden kann. Eine Wikiseite reicht zum Starten völlig aus! Nehmen wir hierfür nochmals das Beispiel unseres Automobil-Herstellers mit dem Zertifikatsmanagement: Natürlich ist es praktisch, wenn sich alle Teams via Mausklick ein Zertifikat bestellen können. Das lässt sich aber für den Anfang auch gut lösen, indem man den Code ins Wiki einfügt und jedes Team sich den Code für den eigenen Gebrauch kopiert. Bereits das ist eine Erleichterung.
Der Weg zu Team Topologies
Das Bewusstsein rund um das Thema Team Topologies muss erst noch mehr entstehen. Viele haben vielleicht schon davon gehört, wissen aber nicht im Detail, was es ist, worin unterscheidet es sich zum Rest, ist es kompatibel mit der jetzigen Organisation und so weiter.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt für mich ganz klar darin, den kognitiven Load für Plattform-Teams zu reduzieren und ihnen somit mehr Flexibilität in ihrer Kreation zu schenken.
Starten Sie zunächst klein. Es nützt nichts, dass gleich über 40 Teams loszurollen. Starten Sie mit einem Pilotprojekt und beobachten Sie, wohin die Reise geht. Viel Erfolg!
Unter der Leitung von Matthew Skelton und Manuel Pais, den Autoren des hochgelobten Buches Team Topologies (IT Revolution, 2019), verändert das Team Topologies-Ökosystem aus Partnern, Praktikern und der Learning Academy den Ansatz für das digitale Betriebsmodell von Unternehmen auf der ganzen Welt.
Fabian Kleiser
Fabian ist unser Head of Cloud Innovations mit Sitz in Stuttgart, Deutschland. Als Software Engineer leitet er strategische Cloud-Foundry-Implementierungen bei Mimacom und ist bekannt für seine Leidenschaft für Code-Qualität, Automation und Vereinfachung.