Die vergangenen Jahre waren von ständigem Wandel geprägt und haben Unternehmen erkennen lassen, dass derlei Veränderungen in Zukunft keine Bedrohungen mehr für ihr Geschäft darstellen dürfen. Sie wissen daher um die Bedeutung, heute agil und anpassungsfähig aufgestellt zu sein, um möglichst schnell reagieren und Veränderungen meistern zu können. Diese Herausforderung hat Unternehmen dazu veranlasst, die Umsetzung ihrer Digitalisierungsstrategien zu beschleunigen und der Entwicklung von Anwendungen eine Schlüsselrolle einzuräumen. Die Frage nach der Art und Weise, wie Unternehmen ihre Anwendungen erstellen und verwenden, rückt dabei zunehmend in den Mittelpunkt und lenkt den Fokus auf das Konzept der Modularität. In diesem Blogbeitrag werden wir uns näher damit beschäftigen und uns vor allem auf Modularität im Prozessmanagement konzentrieren.
In meinem letzten Post „Implementierung von Business Process Management: Wie wirkt sich die Wahl eines Low-Code- oder No-Code-BPMS auf ein Unternehmen aus?“ haben wir gesehen, wie die Verwendung von Low-Code-/No-Code-/Pro-Code-Plattformen eine produktivere funktionsübergreifende Zusammenarbeit zwischen der Geschäftsebene und den IT-Teams, eine schnellere Time-to-Market und die Lösung komplexer bereichsübergreifender Prozesse ermöglicht, da bei Bedarf kundenspezifischer Code verwendet werden kann.
Low-Code-/No-Code-Plattformen für eine schnelle Anpassung
Die heutzutage in dem sich wandelnden und wettbewerbsintensiven Umfeld erforderliche Flexibiltät zwingt die Unternehmen dazu, ihre Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse ihrer Kunden und die Marktdynamik zu einem vorrangigen Ziel zu erklären. Dies hat zur Folge, dass sie sich stärker auf Low-Code-/No-Code-Plattformen konzentrieren, damit ihnen für die Verwaltung ihrer Prozesse eine schnelle BPM-Anwendung zur Verfügung steht.
Composability – Modulare Anwendungsentwicklung für komplexe Anforderungen
Im Falle von unternehmenskritischen, kundenorientierten Anwendungen ist es jedoch erforderlich, komplexe, von der IT entwickelte Funktionen zu integrieren, da sie diese nicht direkt in einer Low-Code-Umgebung entwickeln können. Zur Erleichterung der Einbettung dieser komplexen Funktionen in Low-Code-Anwendungen wird eine komponentenbasierte Entwicklungsmethodik, auch bekannt als CBD (Component Based Development), angewendet. Sie hat die Software-Entwicklung Ende des 20. Jahrhunderts revolutioniert und ist inzwischen zu einer Methodik weiterentwickelt worden, die als Composability, auf Deutsch Modularität, bezeichnet wird und für eine erhöhte Portabilität und Interoperabilität von Komponenten sorgt.
Wiederverwendung von bewährten Komponenten vereinfacht Anwendungsentwicklung
Dieses Verfahren ermöglicht die Wiederverwendung von autonomen Komponenten (ohne Auswirkungen auf andere Komponenten oder Anwendungen), indem über eine Low-Code-Anwendung ein beliebiger Service oder eine beliebige Komponente aufgerufen wird. Das Ziel: eine optimale Funktionalität der Anwendungen zur Prozessdigitalisierung zu gewährleisten, indem die Komponenten genutzt werden, die sich bewährt haben. Dadurch können neue automatisierte Prozessanwendungen mit bestmöglicher und maximaler Funktionalität entstehen.
Damit geht das Konzept der Composability über die reine Software-Entwicklung hinaus. Gartner spricht allgemein von einem Composable Enterprise, was sich nicht nur auf die Entwicklung von Anwendungen bezieht, die zweifelsohne den Kern des Composable Enterprise bildet, sondern auch auf das organisatorische Denken und die Organisationsstrukturen, die Governance, die Abläufe und die Unternehmenskultur.
Die Säulen und Grundprinzipien von Composable Enterprise
Composable Enterprise ist eine Planungs-, Organisations- und Arbeitsmethodik, die darauf beruht, modulare Komponenten zu neuen Geschäftsfunktionen und Arbeitsabläufen umzurüsten. Das Schlüsselprinzip der Composability ist der modulare Aufbau. Dieser ermöglicht eine einfache Anpassung all derjenigen Unternehmensfaktoren, die den meisten Änderungen unterworfen sind (die zuvor nicht so einfach angepasst werden konnten), um so das gewünschte Ergebnis zu erzielen.
Die Composability stellt für die Unternehmen einen weiteren Schritt zu mehr Digitalisierung ihres Geschäfts dar. Laut Gartner muss sie drei wichtige Säulen abdecken:
Komponentenbasierte Denkweise in der Unternehmenskultur: Fokus auf die Kombination und die Wiederverwendung verschiedener Komponenten. Alles ist modular und kann verändert werden. Wandel ist eine Chance, keine Bedrohung.
Eine komponentenbasierte Unternehmensarchitektur, die eine flexible und widerstandsfähige Organisation gewährleistet: Das erforderliche Mass an Digitalisierung kann durch eine Plattform erreicht werden, die maximale Möglichkeiten zum Aufbau, zur Kombination und Rekombination verschiedener modularer Geschäftskomponenten bietet.
Eine komponentenbasierte Technologie: Sie umfasst digitale Assets, die in Form von autonomen Komponenten verpackt werden. Sie liefern einen unabhängigen, klaren und vollständigen Geschäftswert und dienen als Bausteine für die Kombination und Wiederverwendung im Rahmen verschiedener Geschäftsprozesse.
Die vier Grundprinzipien von Composability
Parallel dazu muss ein digitales Unternehmen eines der vier Grundprinzipien der Composability anwenden, um mit Resilienz handeln und einen höhren, bislang ungenutzten Geschäftswert erzielen zu können.
Diese Prinzipien sind:
Modularität: Verfügbarkeit von eigenständigen Komponenten, die in verschiedenen Anwendungen und Anwendungsfällen zum Einsatz zu kommen können. So entsteht ein Höchstmass an Flexibilität, Skalierbarkeit und Kontrolle über Veränderungen.
Orchestrierung:
Entwicklung von Komponenten mit Fokus auf ihre standardbasierte Interaktion.
Transparenz:
Die Komponenten werden identifiziert, überwacht und verwaltet und die Prozesse somit beschleunigt.
Autonomie:
Entwicklung von austauschbaren Komponenten ohne Systemauswirkung zur Gewährleistung vollständiger Integrität.
End-to-End-Automation dank bester und portierbaren Komponenten
Die komponentenbasierte Entwicklung (Composability) erleichtert die Interoperabilität und die Portabilität durch standardisierte Service-Schnittstellen, die über Bibliotheken von Dritten für jedermann zur Verfügung gestellt werden – unabhängig davon, wie diese programmiert wurden. So ist es möglich, bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen durch die Entwicklung einer Anwendung in einem Business Process Management System (BPMS), die benötigten autonomen Komponenten (Microservices) zu verwenden, um die erforderliche Funktionalität bereitzustellen.
Vor diesem Hintergrund sollten monolithische BPMS-Plattformen vermieden werden, denn sie stellen mit der Low-Code-BPMS-Plattform mit externen, autonomen Komponenten von verschiedenen Anbietern ein Kompabilitätsproblem dar. Generell kann nichts verwendet werden, was nicht an die Funktionalitäten der Plattform gekoppelt ist, oder es ist eine komplexe Integration erforderlich.
Eine empfohlene Vorgehensweise für die erfolgreiche Umsetzung einer End-to-End-Automatisierung besteht daher in dem Aufbau der Unternehmenslösung ausgehend von einer Bibliothek aus den besten portierbaren Komponenten. Dazu wird eine Plattform verwendet, die die für die Digitalisierung von Geschäftsprozessen erforderliche Interoperabilität (Integration und Koordination) bietet, damit die beste Kombination autonomer Komponenten (intern und extern) realisiert werden kann.
Vorteile komponentenbasierter / modularer Entwicklung
Die komponentenbasierte Entwicklung bietet Unternehmen, die eine Digitalisierung und eine End-to-End-Automation in Erwägung ziehen, unter anderem die folgenden wichtigen Vorteile:
Vereinfachung und Kostensenkung
dank der Wiederverwendung von Komponenten .
Anpassungsfähigkeit
an sich ändernde Anforderungen, mit der Möglichkeit, neue Technologien zu integrieren. So sind Unternehmen gut aufgestellt, um einen schnellen Umstieg auf neue Technologien vollziehen zu können.
Offene Innovation
indem die besten externen Komponenten genutzt werden, die von unternehmensexternen Experten entwickelt wurden.
Anwendungsfälle von Composability mit Flowable
Die Modulare Entwicklung / Composability ermöglicht es zahlreichen Unternehmen, ihre Produktivität bei der Implementierung von Anwendungen zu maximieren und eine schnelle Time-to-Market zu erzielen. Hier einige Use Cases unseres Technologie-Partners Flowable:
konnte durch die Integration von automatisierten Prozessen ihre bestehenden Systeme im Bereich Finanzdienstleistungen manuelle Abläufe ersetzen und Zeit einsparen.
hat die Digitalisierung komplexer Prozesse, wie zum Beispiel das Kunden-Onboarding, mit Multichannel-Interaktion schnell umgesetzt und in die bestehende Infrastruktur integriert.
konnte seinen Prozess für Notfallkredite innerhalb von nur fünf Tagen automatisieren. Kindred nutzte die Vorlagen-Erstellungsfunktion von Flowable, um automatisch Dokumente für individualisierte Mitglieder-Kreditverträge zu erstellen, die anschliessend zur elektronischen Unterschrift versendet wurden. Diese Vorlagenfunktionalität führte zu einer zusätzlichen Verschlankung der Bearbeitung von Kreditanträgen und einer Verkürzung der Antwortzeiten.
Modularität / Composability als Wettbewerbsvorteil
Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten: Wie die Studie „2022 Gartner CIO and Technology Executive Survey“ von Gartner zeigt, sind Unternehmen mit einer hohen Modularität/ Composability im Bezug auf den digitalen Wandel ihren Mitbewerbern im Durchschnitt zwei Jahre voraus. Zugleich können sie ihre Leistungen in unsicheren Zeiten verbessern. Die Integration der komponentenbasierten Entwicklung in die Prozessdigitalisierung bietet jedem Unternehmen die Möglichkeit, sich trotz anhaltender Veränderungen und Unbeständigkeiten weiterzuentwickeln und zu wachsen.
Pedro Robledo
Als Vorsitzender und Mitbegründer der spanischen Sektion von ABPMP International ist er einer der einflussreichsten Vertreter auf dem Gebiet des Prozessmanagements mit BPM (Business Process Management).