«Im Kreditbereich ist es ähnlich aufgebaut, hier unterscheiden sich die Prozesse danach, ob es sich um einen zweckgebundenen Kredit handelt – der sich auf eine bestimmte Wirtschaftsaktivität bezieht, beispielsweise die Finanzierung einer Fotovoltaik Anlage – oder ob es sich um einen zweckungebundenen Kredit handelt, also ein Unternehmenskredit. Im letzteren Fall werden die Kennzahlen pro Unternehmen geprüft, und gleichzeitig muss auch jede einzelne Wirtschaftsaktivität des Unternehmens die Vorgaben der EU-Taxonomie Verordnung erfüllen.»
Neben den Anforderungen der SFDR, die sowohl auf Unternehmens- oder Institutsebene als auch auf Produktebene ansetzen, ist auch die MiFID zu berücksichtigen, wonach Kunden ihre Präferenzen bzgl. Art und Umfang der nachhaltigen Finanzinstrumente benennen müssen, in die sie investieren möchten. MiFID und SFDR sind auch für Schweizer Banken und Finanzdienstleister relevant, sofern sie EU-Kunden haben oder in der EU nachhaltige Produkte erstellen bzw. vertreiben.
Dr. Hans-Peter Güllich verweist auf die Bedeutung des Pariser Klimaabkommens und wie die EU-Taxonomie das Ziel verfolgt, Finanzierungen in ökologisch nachhaltige Aktivitäten zu lenken. Hierzu wurden Kriterien definiert, um festzulegen, was als «ökologisch» gilt. Dazu gehören neben gesetzlichen Vorgaben vor allem auch bestimmte Grenzwerte, die für gewisse Wirtschaftsaktivitäten festgelegt sind (Beispiel: wie viel CO₂ darf bei der Produktion einer Tonne Zement entstehen?). Dr. Güllich fügt hinzu «Wir hören immer wieder, die Regulierung sei «enorm komplex» - ja, das ist sie, aber eben auch notwendig, um das komplexe Thema «Nachhaltigkeit» in den Griff zu bekommen.»
Anwendung der ESG-Regeln im Anlage- und Kreditbereich
Die Gesprächspartner diskutieren weiter über die Anwendung dieser Regeln und Standards auf EU- und nationaler Ebene, insbesondere in der Schweiz, wo die Implementierung oft auf Institutsebene erfolgt.
Dabei betont Dr. Amara hinsichtlich der Anwendung im Anlagebereich: «Wir haben ganz verschiedene Indikatoren und Schwellenwerte, welcheoperationalisiert werden müssen. Wir brauchen einen durchgängigen Anlageprozess.» Anlagen bzw. Emittenten müssen gewisse Anforderungen erfüllen, damit eine Investition in das jeweilige Unternehmen als «nachhaltig» gilt. Zudem sind die Kategorien an nachhaltigen Anlagen durch MiFID bzw. SFDR vorgegeben, an welche dann wieder spezifische Offenlegungsverpflichtungen geknüpft sind. Eine Anlage kann dabei einer oder mehreren Kategorien angehören. So kann sie nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigen, indem bestimmte Schwellenwerte einzuhalten sind, etwa bezogen auf GHG-Emissionen, und gleichzeitig gehört sie einer SFDR-Produktekategorie an.